Vielfach wird der Begriff "hintergrundlimitierte Aufnahme" verwendet. Dies ist dann der Fall, wenn das Rauschen des Bildhintergrunds etwa das Dreifache des Kamerarauschens beträgt (s. hierzu ausführliche Beschreibung in "The Noise about Noise" by Blair MacDonald, Halifax Centre, erschienen im Juni 2013, The Royal Astronomical Society of Canada; http://adsabs.harvard.edu/full/2013JRASC.107..123M). Das Gesamtrauschen wird dann nur noch durch das Bildrauschen bestimmt. Das Dunkelstromrauschen und das Ausleserauschen der Kamera spielen dann keine Rolle mehr.  Die hierfür erforderliche Belichtungszeit berechnet sich zu:

 

t= 9*(Ausleserauschen)² / Himmelshintergrund

 

Nun, wie erhält man diese Daten für "Ausleserauschen" (oder auch als Read noise bezeichnet) und "Himmelshintergrund" zur Berechnung der erforderlichen Belichtungszeit t aus vorhandenen Aufnahmen?

 

Das Ausleserauschen (Read noise) ist ein kameraspezifischer Wert, der von der eingestellten Verstärkung (Gain) abhängig ist. Dieser ergibt sich aus Daten des Herstellers. Für meine ASI 1600mmPro sind diese auf der Seite des Herstellers (Quelle: https://astronomy-imaging-camera.com/product/asi1600mm-cool) zu finden:

 

 

Bei einem Gain Wert von 76 kann im unteren Diagramm ein "Read noise" Wert von ca. 2,25 Elektronen abgelesen werden.

 

Für die Bestimmung des "Himmelshintergrunds" greife ich auf ein einzelnes Rohbild (Luminanz) der Andromeda Galaxie und auf das entsprechende Master Dark zurück. Beide Bilder werden in PixInsight geöffnet. Vom Rohbild wird das Master-Dark mittels PixelMath subtrahiert. Somit erhalten wir ein vom Dunkelstrom befreites Einzelbild.

 

 

Nun wird in diesem Rohbild ein Ausschnitt des Himmelshintergrunds gewählt (Preview), der Prozess Statistics geöffnet und auf diesen Ausschnitt angewendet. Wichtig: auch wenn die ASI 1600 nur eine 12-bit Kamera ist, ist hier die Einstellung 16-bit zu wählen.

 

 

Der "mean" Wert gibt die durchschnittliche Helligkeitsstufe im Bild an und ist nichts anderes als der ADU-Wert (Analog-Digital-Unit: Helligkeitsstufen einer Kamera; 12-Bit Kamera: 4.069 Helligkeitsstufen; 16-bit Kamera: 65.536 Stufen).

 

Jetzt brauchen wir nur noch zwei Daten: Belichtungszeit des Rohbildes und die Anzahl der Elektronen bei dem eingestellten Gain Wert (Verstärkerwert, ähnlich früheren ISO Werten), die erforderlich sind, um eine Helligkeitsstufe (ADU) zu erzeugen. 

- Die Belichtungszeit des Rohbildes betrug 60s.

- Aus dem Datenblatt der Kamera wird bei einem Gain Wert von 76 etwa 2 Elektronen/ADU abgelesen (Anmerkung: bei höheren Gain Werten sind deutlich weniger Elektronen erforderlich -> Verstärkung).

 

Wird nun der "mean" Wert (ADU) mit der Anzahl der Elektronen pro ADU multipliziert, erhalten wir die Anzahl der Elektronen, die die Helligkeit des Hintergrunds in der Belichtungszeit von 60s bestimmt haben. Normieren wir das Ergebnis noch auf eine Sekunde, dann erhalten wir den gesuchten Wert für den "Himmelshintergrund":

 

(2249 ADU * 2 Elektronen/ADU) / 60s = 75 Elektronen/Sekunde

 

 

Zurück zur gesuchten Belichtungszeit:

 

t= 9*(Ausleserauschen)² / Himmelshintergrund

 t = 9 * 2,25² / 75 = 0,6s

 

Damit wir deutlich, dass der dominierende (und auch limitierende) Faktor hier im städtischen Bereich der Himmelshintergrund bzw. das Rauschen durch die urbanen Aufhellungen ist. 

 

Welche Schlüsse lassen sich nun für die Praxis der Astrofotografie aus der Stadt ableiten?

  • Kameraspezifische Rauschanteile sind bei den heutigen, gekühlten Kameras mit hoher Quanteneffizienz vernachlässigbar. 
  • Möglichst viele Einzelbilder. Der Rauschanteil im Summenbild sinkt mit der Wurzel aus der Anzahl der Einzelbilder. Damit sehr lange Gesamtbelichtungszeiten.
  • Anwendung von Bildbearbeitungsprozessen zur Herausrechnung von Hintergrundaufhellungen (Dynamic Background Extraction in PixInsight, ggf. mehrfach anwenden).